Otto M. Zykan

(1935 - 2006)

Der Sängerknabe als Revoluzzer

Staatsoperette lautet für viele das Stichwort und sorgt für gerunzelte Stirnen. Oder auch einfach Franz: Die mythenumwobene Schuhwerbung der siebziger Jahre ist mit dem Namen Otto M. Zykan aufs innigste verbunden. Womit bereits Grenzwerte markiert wären: Zum einen hat der 1935 geborene Wiener immer gern provoziert und daraus Kapital geschlagen; zum andern war er sich nie zu schade, seine Kreativität für kommerzielle Zwecke zu verwenden.

Stichwort Staatsoperette: Mit diesem Film des Regisseurs Franz Novotny kam Zykan 1977 in die Schlagzeilen. Die zynische TV-Show über Aspekte der Zwischenkriegszeit und die Erste Republik erhitzte die Gemüter. Italiens »Duce« und Dollfuß als Figuren eines musikalischen Kabaretts, das ging vielen zu weit.
Mittlerweile scheinen weitaus provokantere Aktionen der Kunstszene viel weniger Zündstoff zu bergen. Zykan fungierte als Vorkämpfer, der seinen Kollegen einen Freiraum erstritt, der ins weite Feld der subventionierten Nichtbeachtung geführt hat. Vor knapp einem Vierteljahrhundert war das anders, da fühlte sich die Nation noch betroffen von künstlerischen Versuchen der Vergangenheitsbewältigung.

Zykan war seit jeher ein Anwalt der Unangepaßtheit und revoltierte im Verein mit Kurt Schwertsik oder Heinz Karl Gruber auch gegen die doktrinären Fesseln, die man der Neuen Musik angelegt hatte. Zwar absolvierte er virtuos auch Aufführungen sämtlicher Schönbergscher Klavierwerke, aber er stellte sich wiederholt gegen den traditionellen Konzert- und Opernbetrieb.
Bald bekannte er, daß er am liebsten Stücke schaffe, die er selber, ungestört von mißverstehenden Interpreten und Regisseuren, aufführen könne. Entsprechend ist seine nächste Premiere, 23. September in den Kristallwelten von Wattens, einem Streichquartett mit teilhabendem Komponisten gewidmet. Seit Singers Nähmaschine ist die beste, 1966, weiß man, daß in der Erschließung von Randbereichen, von extremen Spiel- und Singmöglichkeiten, witzigen Performance-Bereichen Zykans Stärke liegt.

Aus dem ehemaligen Sängerknaben ist ein Revoluzzer geworden, ein Revoluzzer aber, dem der Sinn für die Schönheit einfacher Klänge nie abhanden kommen sollte. So konnte Otto M. Zykan – das »M« stand abwechselnd für Matthäus oder für Meister – auch das Filmmusikgenre mit teils schrägen, teils wohllautenden Hervorbringungen bereichern und immer den zur Szene passenden Ton finden. Allerlei Preise und Würdigungen wurden dem Komponisten, Sprachkünstler und Pianisten dafür zuteil.

↑DA CAPO